07-05-2018 Tunneltag

Der Futon und das Kopfkissen waren bisher das bequemste Nachtlager hier in Japan - oder ich einfach so geschafft von den 42 km gestern - ich habe geschlafen wie in ein japanischer Eichelhäher oder so.

in der Früh noch einen Plausch mit der sehr netten Wirtin “Mai” und ab ging es - in den Regen. Kelly hatte für sich eine Übernachtung im Shimanto Guesthouse gebucht - ca. 27 km weiter - und i h schloss mich ihr an. Nach einer Stunde Marsch durch den Regen machte i h an einer kleinen Raststätte Pause und bestellte einen Kaffee zum aufwärmen. Als ich danach bei der Chefin bezahlte, steckte mit ihre Mutter 150 yen zu und bedeutetet mit einer Handbewegung an, ich solle mir doch ein Getränk aus dem Automaten mit auf den Weg nehmen. Gesagt - getan. Arigato goizamassu!

Nach insgesamt knapp 4 Stunden im Regen traf ich auf Kelly und wir zogen gemeinsam weiter. Nach einer halben Stunde wurde der Regen wieder stärker und es donnerte auf japanisch. Da kam uns das Udon-Restaurant an Weg gerade Recht. Wir legten einen Stopp ein und ließen uns das vorzügliche Essen schmecken. Nach einer halben Stunde Aufenthalt regnete es immer noch in Strömen - aber es half nichts, wir hatten noch 1,5 Std. zu gehen, bevor wir das sehr schöne Guesthouse erreichten. Von einem jungen Paar geführt, bietet es einen Raum mit 2 Stockbetten (mit dünner Matratze), einem tollen Wohnzimmer  mit Liegen und einer wunderbaren Dusche. 

Zeit um mein Blog zu aktualisieren und im Buch die kommenden Streckenabschnitte durchzugehen. Es sind Morgen 5 km zum Tempel 38 - und erneut ist Regen angesagt … grrr.

Heute und gestern bin ich bestimmt durch 8 Tunnel gelaufen - das ist immer etwas beängstigend, da die Tunnel von Haus aus recht schmal sind und meist keinen Gehweg für Fußgänger haben. Desweiteren dröhnt es darin sehr laut, du hörst dass von hinten ein Auto kommt - aber es dauert meist noch 10 Sekunden, bis das Auto den Schall eingeholt hat und an dir vorbeizischt. Es fahren auch nicht alle Autos mit Licht, insgesamt sehr spannend, aber wenigstens ohne Regen.

08-05-2018 Über-Flüssig

Heute früh habe ich mich bei Regen vom Guesthouse 40010 in Shimanto verabschiedet - und es sollte den ganzen Tag nicht aufhören zu regnen. T37 „Iwamotoji“ war schnell erreicht. Ein eher unspektakulärer Tempel ... ein „Stadttempel“ eben. Von dort ging es weiter an der Straße entlang, mal an der Hauptstraße, mal an der Nebenstraße. Es regnete und regnete, und als sich plötzlich etwas die Sonne zeigte, war es mir, als wäre das Wasser, das dir die entgegenkommenden Lastwagen unter deinen Pilgerhut spritzen, 1 Grad wärmer als zuvor. 

Es sollte eine Strecke von 33 km zum nächsten Henrohouse sein, das wir gebucht hatten - aber nach 5,5 Std. „walking in the rain“ hatte ich die Nase und die Schuhe gestrichen voll und absolvierte die letzten 7 km mit dem Zug. Der menschliche Körper besteht ja zu 80% aus Wasser - meiner heute zu 168%! Ich war quasi „über-flüssig“! Ich war klitschnass, mir war kalt und ich hatte keinen Spass mehr. Und Spass soll diese Reise schließlich auch machen. Kelly war irgendwie vor oder hinter mir, weil sie sich bei Zeiten in einem Family Mart einen Kaffee gegönnt hatte. Wie wir dann am Abend in der Unterkunft feststellten, sind wir beide heute mehrmals vom eigentlichen Henro-Pilgerweg abgewichen und später wieder darauf getroffen - wie auch immer.

Das Henrohaus in Artigawa ist toll - und für 1.000 yen extra bekamen wir noch ein ausgiebiges Abendessen. Ende gut, alles gut.

Apropopo, wer es  nicht erlebt hat,  kann es wohl nicht nachvollziehen - aber nach 4 Stunden des Laufens, total durchnässt einen Kombini (24h Shop, wie 7eleven, Lawson oder Family Mart) aufzusuchen und sich auf eine beheizte Klobrille plumpsen zu lassen - das hat was magisches an sich ... oder was magnetisches?

09-05-2018 Sunshine again

Alle Tempel

Nach einem leckeren Abendessen und einer ruhigen und erholsamen Nacht im Trockenen, ging es um 7:30 Uhr zurück auf den Henro - bei Sonnenschein. Das war soviel besser als die letzten 3 Tage. Es ging heute 34 km bis zur Carmellia Lodge zu laufen, dort hatte Kelly vor 4 Jahren schoneinmal übernachtet - und dort in der kleinen Privatunterkunft gibt es zwar nur 3 Zimmer, aber mit „echten“ Betten und noch wichtiger: „echten“ Matratzen! Für insgesamt 3.000 yen (24 EUR) gibt es sogar noch Abendessen und Frühstück dazu. 

Also nix wie hin. Unterwegs bekam ich von zwei netten Japanerinnen eine kalte Limo und eine Banane zugesteckt, das erfreut das Pilgerherz. Am Nachmittag traf ich auf Gowin und Chrystel aus Tazmanien (Australien). Der 61-jährige pensionierte Pilot und seine jüngere Partnerin sind eigentlich auch gerade auf einem Fahrradtrip rund um die Welt, aber sie machen gerade Pause und haben sich 3 Monate Zeit für den Shikoku genommen. Zuhause in Australien leben beide auf einem Schiff - mal hier und mal da - amazing. Sie luden mich auf einen heißen Kaffee vom Alkoholbrenner ein und wir tauschten uns über unsere bisher allesamt nur positiven Erlebnisse in Japan aus. 

Um kurz vor 4 kam ich bei der Lodge Carmellia an und wurde vom netten Betreiberpaar auf’s Herzlichste begrüßt. Das Zimmer ist top - und das Essen (Beef-Curry) war sehr lecker. Von hier aus sind es nunmehr nur noch 21 Kilometer zum Tempel 38, dem südlichsten der 88 Tempel. 

10-05-2018 ... da riecht was nach Fisch

Nach einem Frühstück bestehend aus sehr gutem Kaffee und zwei Croissants ging es los Richtung T38. Kelly wie immer mindestens 30 Minuten früher und mit einem Affenzahn. Die läuft und läuft und läuft ... Wahnsinn.

Dafür traf ich an der schönen Strecke an der Küste entlang meine beiden Australier wieder, sie hatten am Strand gezeltet. Wir plauschten eine Weile und machten Erinnerungsfotos - sie werden heute nur bis T38 laufen, ich noch mindestens 12 km mehr. Kelly und ich hatten uns den Park in Tosa-Shimizu ausgesucht, um dort zu campen. 

Am Vormittag ging es an zahllosen Gemüsefeldern vorbei, Menschen ernteten Brokkoli, Rettich, Zwiebeln und anderes Grünzeug. Fast alles in mühsamer Handarbeit. Natürlich lagen auch wieder unzählige Reisfelder am Weg - wie eigentlich jeden Tag. 

Der Vorteil von so einem gemeinen Gemüsefeld ist ja, dass man kaum was riecht - aber das sollte sich am Nachmittag ändern. Nach einem Spaziergang am „Rubbish Beach“ und einer abenteuerlichen „Jungle Tour“ durch den Wald (mit Seilen zum Festhalten, weil es so steil war) ging es dadurch mehrere kleine Dörfer, in denen der Fisch in der Sonne trocknete, geröstet wurde oder er sonst wie Wohlgerüche verursachte. Nicht mein Fall! 

Tempel 38 ist sehr schön, neben dem Haupttempel und mehreren kleinen Nebentempeln, liegt in der Mitte ein großer Teich mit Kois und anderen Fischen darin. Es war sehr ruhig und andächtig dort, außer Kelly und mir war nur noch Hiroshima-San (den wir seit 3 Tagen immer mal wieder trafen - er ist 70 Jahre alt) und ein weiterer Pilger dort. Keine Gruppen, keine Busse. 

Danach ging es wieder teils durch Dörfer, teils an der Hauptstraße entlang, bis ich Kelly am vereinbarten Park traf. Wir gingen noch einen benachbarten Supermarkt um Essen und Trinken zu fassen, bauten dann die Zelte auf - und ich war dem langen Tag mit 37 km geschafft und schlief früh ein.