Tag 1

Die Nacht im Grossraumzelt war regnerisch und stürmisch. Um kurz vor 5:00 Uhr aufstehen und packen, 5:30 Uhr Frühstück (ich hatte irgendwie keinen Hunger). Es wurde nicht viel gesprochen, jeder war angespannt weil es endlich los ging.
Kurz vor der Abfahrt noch mal auf die Toilette - wahrscheinlich wegen der Nervosität. Ich hab in den Spiegel geblickt und war mir plötzlich nicht mehr sicher ob ich wirklich starten sollte ... hab den Gedanken aber nicht weiter verfolgt, weil die anderen schon alle an den Autos waren.
6:00 Uhr Abfahrt zum Southern Terminus. 70 Meilen Richtung Mexico … und es regnete immer noch.

Wir waren 12 Hiker die von Trailangeln in 3 Autos zum Start gefahren wurden (kostenlos). Tim ("Tensocks"), Lindsay ("Outro") und ich wurden von Rochelle chauffiert, die erst zum zweiten Mal als Fahrer fungierte. Leider verfuhr sie sich zweimal, so dass wir erst 45 Minuten nach den Anderen am Terminus waren und diese schon losgelaufen waren.
"Outro", die letztes Jahr bereits den AT gelaufen ist, war auch gleich mal auf und davon – und so dackelte ich mit Tim "Tensocks" zusammen dem Abenteuer PCT entgegen.
Unterwegs gabelten wir dann nach kurzer Zeit Pierre auf, einen jungen Franzosen der seit mehreren Jahren in den Staaten lebt und der wegen einer leichten Fußverletzung nicht so schnell laufen kann und will.


Es war zwischendurch immer kühl und windig und vereinzelt regnete es leicht – ideales Wetter zum Wandern. Es ging ständig leicht bergauf, meist in Serpentinen (switchbacks), weil der Trail ja ursprünglich mit der Hilfe von Pferden angelegt wurde.
Wir drei hatten beschlossen es langsam anzugehen, also schlugen wir bereits um 14:30 Uhr nach 18 km unsere Zelte auf … wir waren alle ziemlich kaputt, die Schultern schmerzen ob der schweren Rucksäcke, und so geht es schließlich um 19:30 Uhr in die Heia. Draussen tröpfelt es immer wieder mal, ich hoffe, dass kein Sturm kommt … good night.

 

 

Tag 2

Nach einer regnerischen Nacht sind wir heute um 7:30 aufgebrochen – ein nasses Zelt zu verpacken ist kein Spaß. Nach 5 Meilen auf und ab waren wir in der Talsohle bei „Hauser Creek“ … dort wartete das erste „Trail Magic“ auf uns – jemand hatte dort 2 Kanister Trinkwasser bereitgestellt. Dort trafen wir auch François (Frank) aus Quebec.

Natürlich ging es auf der anderen Seite wieder hinauf – und das nicht zu knapp. Tim alias Tensocks hatte ziemliche Probleme mit den Beinen, erste Blasen und war in ziemlich schlechter körperlicher Verfassung. Er schickt uns weiter und meinte, er werde sich Zeit lassen, sein Tempo gehen und in 6 Meilen in Lake Morena bleiben und sehen wie und ob es weitergeht.

Tim – if you read this, take your time to get better, send ahead some of your gear – I hope you don’t quit and we see us soon somewhere on the trail! You have the guts to make it – just take your time. You’re an awesome guy!

Wir übrigen drei erreichten Lake Morena und gingen dort erst mal in den Dorfladen. Dort hab ich mir meinen ersten PCT-Burger gegönnt – nach insgesamt 20 Meilen … das kann ja heiter werden. Wir ließen den Campingplatz links liegen und maschierten noch 2,3 Meilen weiter, wo wir auf einer schönen Anhöhe einen Platz für unsere drei Zelte fanden (Mile 22.3).

Nun ist es fast 20:00 – time to go to bed.

Merke: nicht alles was in der Cloud gespeichert ist ist digital!

Denn: Heute hatten wir es mit EINER Regenwolke zu tun. Aber dank der Serpentinentaktik sind wir da glatt sechsmal durchgelaufen ...


Tag 3

Ruhige Nacht, sonniger Morgen, herrliche Aussicht. Um 7:40 Uhr ging es dann los – muss an der Zeitverschiebung liegen … um die Zeit waren schon ein Dutzend Hiker vorbeigezogen – anyway. Heute war es zu Beginn deutlich wärmer und es waren keine Wolken am Himmel. Nach 4 Meilen die erste Pause und an einem Rastplatz Wasser aufgefüllt. Insgesamt ging es fast 500 Höhenmeter hinauf, Hitze und kaum Schatten – ein guter Test für die Wüste.

Die nächste Wasserstelle war bei Meile 30 und lag fast eine Meile entfernt vom Trail. Dort an dem kleinen Bach haben wir drei dann unter einer Brücke über eine Stunde Pause gemacht und uns auf die letzten Meilen vorbereitet. Eine erste kleine Blase zeichnet sich schon ab ... das kann ja heiter werden!

Campground an Meile 32 erreicht und mit drei anderen Hikern die Zelte aufgeschlagen – Alfred aus LA und das Paar Wes und Staci, das wir heute unterwegs schon 3-4 mal getroffen haben. Sie fangen den Trail auch mit 10 Meilen per Tag an.

Morgen geht es nach Mount Laguna, dort kann ich dann Lebensmittel für die nächsten Tage kaufen. Frank und Pierre haben beide Probleme mit den Beinen (Pierre ist schon leicht angeschlagen angereist) und werden wahrscheinlich einen „Zero“ einlegen, also einen Tag nicht laufen. Heute gibt’s hier keinen Empfang, deshalb gibts den Eintrag „as soon as possible“.


Nachtrag: Scheinbar hat es der gute Tim nach Lake Moreno geschafft, Wes hat mitbekommen, dass dort ein Hiker am Campingplatz ankam, der seine Hängematte aufhängen wollte, was dort nicht erlaubt ist …


Tag 4

Abmarsch um 7:10 Uhr … noch schön kühl am ersten Anstieg, aber es wird Tag für Tag heißer, hab mir gleich schön beide Arme und das Genick gegrillt. Wir drei sind ganz gut voran gekommen und haben kurz nach Mittag schon Feierabend gemacht. Es war schweißtreibend und ich habe fast 3 Liter Wasser auf den 18 Kilometern gebraucht, ein weiterer kleiner Vorgeschmack auf die Wüste!

Frank und ich haben seit heute unseren offiziellen Trailnamen …

Frank ist ein kanadischer Heavy-Metal Fan der auch schon 2x in Wacken war. Er spielte uns heute während einer Pause zur Motivation „fast as a shark“ von Accept vor. Und nachdem er auf unsere Anmerkung, dass es auf dem PCT keine Haie gäbe, erwiderte, dass er dann halt der erste Hai wäre, war es klar: Frank ist Sharky !

Bei mir war es wieder mal so, dass mir den ganzen Tag ein Song nicht aus dem Kopf ging – und ich bei jeder (un)passenden Gelegenheit „hey jude“ von den Beatles von mir gab. Ich entschuldigte mich bei anderen mit der Aussage „Sorry guys I have an earworm“ – was mit totaler Ratlosigkeit beantwortet wurde. Im Englischen gibt es den Begriff „Ohrwurm“ nicht … oder besser: ich hab in jetzt erfunden … drum bin ich Earworm.

Heute übernachten wir hier auf einem rieeeesen Campingplatz … alle Restaurants rings rum haben zu, aber immerhin gibt es einen Laden um Essen für die nächsten 4 Tage einzukaufen (34 $). 

Morgen werde ich alleine weiterziehen, Pierre und Sharky legen einen „Zero“ ein – Weicheier, ich hab auch schon meine erste Blase!