Tag 135

Wie schnell sich das Blatt doch wenden kann – heute war Washington grausam … Regen und Kälte den ganzen Tag und dazu noch die am wenigsten gepflegte Sektion des PCT in diesem Staat. 50 – 60 Bäume, die quer über Trail lagen, ein komplett weggeschwemmter Wegteil und Sturzbäche, die dir entweder entgegenkamen oder in denen du quasi bergab geschwommen bist. Dazu noch ca. 25 Gebirgsbachdurchquerungen – einfach durch, Schuhe und Socken waren eh längst nass. Der Regen machte den Weg ziemlich gefährlich, nasse Bäume, nasse Steine – rutschiger Schlamm … keine Angst Mama, ich hab’s überlebt. Kein Wunder, dass meine Wetter-App „Stehekin“ nicht kennt, das ist kein Wetter hier, das ist ein Zustand!

Unterwegs haben wir Hikerin Carrie getroffen, die war im Wanderrock unterwegs, ihre Beine hatten die gleiche Farbe wie Uli Hoeneß‘ Kopf in seinen besten Tagen.

An so einem Tag willst du gar nicht aufstehen oder gleich nach 2 Stunden dein Zelt wieder aufbauen – aber da kommt Washington meinem allgäuer Dickschädel grade recht – so kurz vor dem Ziel, da gibt’s kein kneifen, das zieh ich durch.

Menno – 12 Stunden im Regen, blaue Zehen, verschrumpelte Finger, den Arsch abgefroren – wer will mich denn so noch??

120 Meilen bis Kanada …

"Wanderer, du weisst dass du in Washington bist, wenn die Feuchttücher, die du bei dir trägst, dein trockenster Ausrüstungsgegenstand sind."


"Hiker – you know that you are in Washington when your wet ones are the driest part of gear you carry."


Tag 136

Keine Ahnung ob es am motzen lag oder am beten – auf jeden Fall hat es in der Früh nicht mehr geregnet. Wahrscheinlich lag es aber einfach am Wetter. Gegen 11 Uhr konnten wir sogar an einem breiten Flussbett in der Sonne (!) unsere Sachen trocknen. Wie gestern auch, ging es insgesamt über 11.000 ft. hoch und runter, dieses Profil wird uns jetzt bis zum Ende begleiten. Auch heute rissen wir wieder über 25 Meilen runter, wir campen bei Meile 2555. Und jetzt (19 Uhr) fängt es wieder an zu regnen.

Morgen sind es noch 15 Meilen bis zum Trailhead nach Stehekin – dahin kommt man nur per Shuttlebus, der 4x am Tag fährt, mit der Fähre oder einem Wasserflugzeug … unsere letzte Verpflegungsstation, in the middle of nowhere. 

95 Meilen bis Kanada.

Tag 137

Heute hat es erst nach dem Zusammenpacken angefangen zu regnen – das war gut. Es hat dann aber so gut wie  nicht mehr aufgehört – das war schlecht. Egal, bis 12:15 Uhr erledigten wir die 15 Meilen bis zur Rangerstation, bei der der Bus hält. Just in diesem Moment kam der Bus dort an und spuckte rund 15 Hiker aus, die wieder zurück auf den Trail gingen. 15 Minuten später waren 7 Hiker auf den Weg nach Stehekin, einem kleinen Dorf am Rande des Lake Chelan. 

Augf dem Weg hält der Bus immer an der etwas ausserhalb gelegenen "Stehekin Bakery" an und macht kurz Pause, damit sich alle mit den in Hikerkreisen berühmt-berüchtigen süssen Teilchen eindecken können  ... mmmh "Cinammonrolls" mit Millionen von Kalorien! Wir quartierten uns dann im Ort für "günstige" 220 Dollar in der North Cascade Lodge ein, holten unsere Pakete bei der Post ab und gingen einen Happen essen. 

Von hier sind es maximal noch 5 Tage bis zum Zielpunkt, ich muss so langsam meinen Rückflug umbuchen und Bustickets zurück nach Seattle ordern … und hier gibt es kein Handynetz ….

80 Meilen bis Kanada ….

Tag 138

Surprise, surprise – kein Regen aber dafür blauer Himmel … bin ich immer noch in Washington? Mit dem 8:30 Uhr Bus gings von Stehekin mit erneutem Zwischenstop an der Bäckerei zurück zum Trail. Wir gingen dann fast 20 Meilen bis zum Rainy Pass Trailhead, wo uns „gone fishing“ und „heart“ (beide 2012 Truhiker) Trailmagic in Form von Chili, Soda und frischem Obst anboten. Die beiden Rentner aus L.A. sind mit Hund und Campinganhänger unterwegs und verwöhnen hier die PCT-Hiker für 3 Tage. Wir saßen nett beieinander am wärmenden Feuer und beschlossen dort auch gleich zu nächtigen. 

19:30 Uhr, der Rainy Pass macht seinem Namen alle Ehre – es beginnt zu regnen und es gewittert in 2 Meilen Entfernung.

61.2 Meilen bis Kanada.