Tag 5

Heute war irgendwie nicht mein Tag … früh aufgestanden und um 6:45 Uhr allein losgezogen. Traumlandschaften zwar – aber so langsam wird es warm. Und mit 18 Kilo auf dem Buckel bei 25 – 27 Grad? Am Strand wäre es angenehmer. Musste heute unterwegs zweimal Wasser filtern, ansonsten hätte ich 5-6 Liter mitschleppen müssen. Bei Meile 54 oder so habe ich eine kurze Rast direkt am Trail gemacht – und dort Sonnenbrille liegen lassen. Hab’s erst nach 3 Meilen gemerkt, da machte zurück laufen keinen Sinn. Dann bin ich auch noch eine Meilen zu weit gelaufen und musste schließlich wieder zurück zum ausgesuchten Campground.

Heute das erste Mal „cowboy camping“ – schlafen unter freiem Himmel – hier an diesem genialen Campground zieht es leider so, das würde das Zelt nicht wirklich mitmachen. Es sieht aus wie auf einem anderen Planeten, viele große Steine (Boulder) - und wenig Grünzeug. Kurz vor dem dunkel weden treffen noch LA John, Zach und Alfred (den kannte ich schon) ein. Auch "Gray Squirrel", ein AT-Veteran über 60, übernachtete bei uns, aber jeder suchte sich irgendwie eine Ecke, an der es (vermeintlich) nicht stürmte. Heute 17 Meilen gelaufen … und morgen soll es noch heißer werden.

 

Bilder des Tages:

Tag 6

Cowboycamping war ok – etwas viel Wind und natürlich kam gleich ein Loch in meine Luftmatratze … damned! Egal aufstehen, Zähneputzen und weitergehen – um 6 Uhr los und Alfred, Zach und LA-John noch schlafen lassen, die Treffen mich dann später wieder auf dem Trail.

Da ich kaum noch Wasser hatte ging es als erstes nach 3.5 Meilen an eine Pferdetränke, an der gerade an die 15 Hiker beim Zelt abbauen und Wasserfiltern waren. Ich fragte in Runde ob jemand zufällig gestern eine Sonnenbrille gefunden hatte – und yes, Ben, ein junger Ami gab sie mir: Trail-Magic!

Geländetechnisch ging es heute ziemlich bergab, temperaturtechnisch nach oben. 

Ich glaube, ich hab 8 Liter getrunken … Wasserstellen mit fließend Wasser zu finden ist gar nicht so leicht und oft muss man den Trail verlassen, um an eine Pumpe oder eine Pferdetränke (lecker) zu kommen.

Habe heute mein Innenzelt auf einer kleinen Anhöhe aufgeschlagen – cowboycamping light quasi, so ist man gegen Ungeziefer geschützt (hoffentlich). Luftmatratze geflickt – good night, diese 15 Meilen waren anstrengend, und morgen möchte ich früh los, um nach 6 Meilen bei "Scissors Crossing" evtl. per Anhalter nach Julien zu fahren – ich bräuchte mal was Anständiges zu trinken … nachdem ich letztens aus Versehen Gatorade mit Gurkengeschmack gekauft hab … wäääääh

 
Bilder des Tages:

Tag 7

Gut geschlafen – aber die Matratze verliert immer noch Luft irgendwie. Um 6:30 gestartet und kurz vor 9 Uhr bei Scissors Crossing (eine Straßenkreuzung in mitten von Nichts) angekommen. Bereits nach 5 Minuten hält ein weißes Auto in zwei älteren, weißhaarigen Ladies drin und nimmt mich mit nach Julian. Kathy and Keta, wundervolle Rentnerinnen – unglaublich, irgendwie wie Thelma und Louise 40 Jahre später. Keta ist ursprünglich aus Holland, spricht 5 Sprachen und ist einübriggebliebener Hippie mitArmschmuck und türkisfarbenen Ringen … im Auto zündet sie sich erst mal einen Joint (medical reaons) und dann steckt sie mir 20 EUR zu – vom letzten Urlaub! 

Julian ist ein kleines Kaff mit ein paar Geschäften und dem bei Hikern beliebten Moms Pies Café, wo jeder truhiker gratis ein Stück Kuchen mit Sahne oder Icecream und ein Getränk erhält.

Ich werde mich heute noch ein bisschen hier aufhalten und versuchen gegen Nachmittag noch ein paar Meilen zu machen.

 

Sitze gerade wohl klimatisiert in der Comunity Library in Julian – und kann mich noch etwas ausruhen … hier mal ein paar Gedanken, die heute auf dem Weg so durch den Kopf gingen:

Morgen bin ich eine Woche auf dem Trail. Es ist wahnsinnig schön, interessant, mit unglaublichen Landschaftseindrücken – und anstrengender als erwartet.

Ich denke der PCT stellt die Hiker bereits auf den ersten 100 Meilen auf die Probe. Er gibt dir An- und Abstiege, lässt dich kilometerlang auf steinigen Pfaden laufen. Er gibt dir Regen, verweigert dir Trinkwasser und lässt dich in der kalfornischen Sonne Grillen … ich denke, er will zeigen, dass es Ausdauer und Leidenschaft braucht um mit ihm klarzukommen.

Auf der anderen Seite triffst du unglaubliche Leute auf den Trail – Hiker, die wie du nur nach vorn schauen und trotz aller Schmerzen und Wehwehchen immer lachen.

Jeder ist für den anderen da mit Tips und guten Worten. 

Trailangels die an den unmöglichsten Orten Wasser oder andere tolle Sachen für die Hiker deponieren – oder die staubige, ungewaschene Anhalter mitnehmen um sie vom Trail in eine Stadt oder wieder zurück zum Trail zu bringen. 

Oder einfach Leute auf der Straße, die dich fragen ob alles OK ist … das ist unglaublich. 

Alles gut bisher – bin wohl etwas sentimental heute …. haha, aber das ändert sich bestimmt in ein paar Stunden … die nächsten zwei Tage geht’s ziemlich bergauf !

 

Knapp 21:00 Uhr, liege unter dem unendlichen Sternenhimmel hoch oben auf einem Berg – perfektes Ende eines perfekten Tages. Mile 82.76


Bilder des Tages:

Tag 8

Früh los um der Hitze zu entwischen, 10 Meilen zum nächsten Wasser, mitten im Nirgendwo wo nette Leute gallonenweise für PCT Hiker bereitstellen – „Third Gate Cache“. 

Dort traf ich dann Carl den Kanadier wieder, der auch bei Scout und Frodo untergebracht war, er musste verletzungstechnisch 2 Tage aussetzen und ist nunmehr soweit wie ich. Auch Pierre traf am Waterchache ein – mit neuen Schuhen (die Gleichen wie meine – viel Spaß!)

Also 5 Stunden im Schatten verbracht und dann auf zum nächsten Campground – 11 Meilen mit einem harten Anstieg in der Sonne, und einem laaangen Abstieg am Ende.

Ich ließ die beiden Verrückten (Carl und Pierre) ziehen, machte immer mal wieder Pause, und hatte mein erstes Erlebniss mit einer Klapperschlage. Kurz vor Sonnenuntergang passierte ich dann noch den 100 Meilen Marker - ein wirklicher erster "Milestone". Ich erreichte dem Campground (mit fliessendem Wasser!) mit dem letzten Tropfen Energie um ca. 20:15 Uhr. Da war es schon fast dunkel, ich baute mein Inner-Tent auf – setzte mich rein, und ward nicht mehr gesehen …. 

Und in Irland hat es bestimmt den ganzen Tag geregnet!

Danke Mama – ich habe jetzt einen neuen Trailnamen …. mittlerweile kennt jeder dein „du könntest doch auch in Irland wandern“ … und so rufen mich alle „Ireland“ ….

 

Bilder des Tages: